01.04.1966 - Umzug der Kinder- und Jugendpsychiatrie nach Bad Reiboldsgrün
"Anfang der 60er Jahre zeigten die besseren Lebensbedingungen und die gezielten Behandlungsmaßnahmen Erfolg gegen die Nachkriegs Tbc-Welle. Die Erkrankungszahlen gingen zurück, und mehr und mehr Betten waren nicht belegt. Andererseits herrschte in der Psychiatrie, besonders in der Kinderpsychiatrie Bettennot. So wurde im Sommer 1965 durch den Bezirk der damaligen Abteilung Gesundheits- und Sozialwesen beim Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt den Mitarbeitern die Umprofilierung zu einem Krankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie bekanntgegeben." (aus der Festschrift "450 Jahre Schnarrtanne 590 Jahre Vogelsgrün 75 Jahre Paul-Gerhardt-Kirche")
Auch die Gemeinde Bad Reiboldsgrün hatte bereits eine interessante Geschichte:
Ursprünglich handelte es sich um ein Waldgut im Besitz Oberforstmeisters Hans von Reibold auf Rößnitz, der um 1705 ein unbebautes Waldlehen kaufte, um dort ein Forsthaus zu bauen.
1725 war dann auf einer Waldlichtung eine Heilquelle entdeckt worden.
Zunächst wurden Trinkkuren mit dem Wasser des „Christianen-Eberhardinen-Brunnens“ (benannt nach Christiane-Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth, Kurfürstin von Sachsen) angeboten, später auch Mineral- und Moorbäder verabreicht. Ein geschäftstüchtiger Augenarzt aus Chemnitz kaufte 1873 das Waldgut ließ ein repräsentatives Kurhaus errichten. Der Kurbetrieb florierte und es kamen weitere Unterkünfte, ein Casino u. ä. hinzu. Im benachbarten Carolagrün baute man neben einem Haus für tuberkulosekranke Frauen ein Kinderheim und eine kleine Schule.
Der Zweite Weltkrieg brachte den Kurbetrieb vorübergehend zum Erliegen. Jedoch bereits 1946 wurden die Gebäude in Bad Reiboldsgrün und den Nachbarorten Albertsberg und Carolagrün wieder genutzt als Lungenheilstätte für Tbc-Kranke.
Zitat Dr. Friedrich Anstock aus „Die Geschichte der gelben Häuser“:
„Am 31. Dezember 1965 waren sämtliche Patienten der Tbk-Heilstätte Bad Reiboldsgrün entweder nach Hause entlassen oder in eine andere Tbk-Einrichtung verlegt worden. Im Januar 1966 konnte mit Rekonstruktions- und Renovierungsarbeiten in Bad Reiboldsgrün begonnen werden. Am 1. April 1966 wurde die kinderpsychiatrische Abteilung des Bezirksfachkrankenhauses Rodewisch aufgelöst bzw. nach Reiboldsgrün verlegt. Von diesem Tage an datiert das „Fachkrankenhaus für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie Bad Reiboldsgrün“ mit den Abteilungen Reiboldsgrün, Albertsberg, Carolagrün und Neumark.“
„In Bad Reiboldsgrün war der Aufbau eines kinderpsychiatrischen Krankenhauses dadurch erschwert, daß keine zweckentsprechenden Gebäude zur Verfügung standen, nur mühsam einige bauliche Mängel behoben werden konnten und sich nicht immer die Grundbedürfnisse der Patienten erfüllen ließen. Jahrelang bestand ein bedrückendes Defizit an Betreuungspersonal, von dem besonders eine große Zahl geistig behinderter oder schwerstmehrfachgeschädigter, pflegebedürftiger Kinder und
Jugendlicher betroffen waren.“ (Dr. Christoph Anstock; Selbstdarstellung des Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie)
Die Unterbringung der Patienten erfolgte in Schlafsälen, nach Geschlechtern und Schwere der Erkrankung getrennt. Die Verweildauer betrug teils 10 bis 15 Jahre. Die Bettenzahlen sind konstant hoch: 1968: 480 Betten; 1970: 520 Betten; 1973: 620 Betten; 1976: 585 Betten; 1985: 500 Betten; 1989: 411 Betten.
Zwischen 1966 und 1969 stellten weiterhin Mitarbeiter der Hilfsschule Rodewisch die Beschulung der Krankenhausinsassen sicher.