1969 - Beginn der Klinikschule in Bad Reiboldsgrün
Das Fachkrankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bad Reiboldsgrün erhielt 1969 eine Schule. Diese Einrichtung war zunächst eine Zweigstelle der Hilfsschule Rodewisch. Zu den ersten Lehrkräften vor Ort zählten Herr und Frau Bode. Sie unterrichtete Regelschüler, die sich zur Beobachtung im Krankenhaus aufhielten. Herr Bode war Sonderschullehrer. Er wurde der erste Schulleiter in Bad Reiboldsgrün.
Diese Sonderschule war in einem separaten Gebäude, dem „Wiesenhaus“ untergebracht.
Auf fünf Etagen – vom Keller bis zum Dachboden – wurden hier die Patienten des Fachkrankenhauses unterrichtet.
Von anfangs 4 stieg die Zahl der Lehrkräfte in den 1980er Jahren auf 7 an. Unterstützt wurden diese auch durch „abgeordnete“ Kollegen der Schule in Schnarrtanne. Diese unterrichteten die zur Beobachtung im Krankenhaus untergebrachten Regelschüler der Station 1. Bei diesen Schülern ging es vorrangig um Einrichtung und Anpassung einer Medikation oder Diagnosestellungen. Sie waren von normalem Intellekt. Die meisten Lehrkräfte unterrichteten im Lernförderbereich und bei den Schülern mit geistigen Einschränkungen. Beschult wurde neben der Einrichtung in Bad Reiboldsgrün auch in Carolagrün, wo geistig behinderte Mädchen lebten.
Die Lebens- und Arbeitsbedingungen richtete man sich erträglich ein: Die Räumlichkeiten waren, nachdem Sie von der Lungenklinik freigezogen worden waren, neu hergerichtet worden. Ein Werksverkehr sorgte dafür, dass die Mitarbeiter pünktlich am Arbeitsplatz ankamen. Aus Wohnorten in der Umgebung, die nicht durch einen Linienbus angebunden waren, brachte der Fahrdienst des Krankenhauses zu Schichtbeginn die Mitarbeiter zur Arbeit und nach Schichtende wieder nach Hause. Für die Ärzte wurden Wohnmöglichkeiten in den kleineren, villenartigen Gebäuden in den Orten Bad Reiboldsgrün, Albertsberg und Carolagrün geschaffen. Auch 3 Wohnhäuser mit je 6 - 8 Wohneinheiten wurden neu errichtet.
Zum Krankenhaus in Bad Reiboldsgrün gehörten ebenfalls ein Kindergarten mit Wochenbetreuung für die Kinder der Mitarbeiter und eine kleine Verkaufsstelle. Zweimal in der Woche kam ein Bäcker vorbei.
Die kleinen Patienten wurden in Gruppen zu je 10 bis 12 Kindern betreut. Dafür arbeiteten anfangs sechs Erzieherinnen und Erzieher in Bad Reiboldsgrün. Später kümmerten sich 12 bis 14 Erzieherinnen und Erzieher um die Kinder. Weitere Erzieherinnen und Erzieher waren in den Außenstellen in Carolagrün und Albertsberg tätig.
Bei den Kindern zwischen 3 und 7 Jahren sowie bei den geistig stark beeinträchtigten Kindern ging es vorrangig um eine manuelle, motorische und sprachliche Förderung. Auch Musiktherapie wurde angewandt. Spielzeiten und Spaziergänge standen natürlich auch auf dem Tagesplan.
Das Pflegepersonal arbeitete montags bis sonntags in 3 Schichten. Die Erzieherinnen und Erzieher waren montags bis samstags zwischen 8:00 und 18:00 Uhr im Einsatz. Ein Erzieher hatte jeweils auch Sonntagsdienst.
Auf Grund der – im Vergleich zu heute – hohen Patientenzahlen, war es möglich, die Schüler nach ihren geistigen Fähigkeiten sehr gut zu differenzieren. So konnte eine Beschulung angepasst an die persönlichen Möglichkeiten erfolgen.
Die Klassen wurden wie folgt eingeteilt:
- Grundschüler Klassen 1 bis 4
- Mittelschüler Klassen 5 bis 10
- Förderschüler Klassen 5 bis 8 (entspr. Hilfsschule Abteilung 1 und 2)
- 2 Vorschulgruppen
Die Förderschüler der Klassen 1 bis 4 wurden in Wechselburg unterrichtet.
Auf dem Stundenplan standen neben Deutsch und Mathematik auch Sport, Geografie, Biologie, Physik, Werken, Nadelarbeit, Hauswirtschaft, Schulgarten und Staatsbürgerkunde.
Während einige Schülerinnen und Schüler die Schule mit einem Abgangszeugnis der Schule für Lernbehinderte verließen, strebten andere Patienten sogar einen Hauptschulabschluss an. 1996 wurden die letzten Abgangs- bzw. Abschlusszeugnisse ausgereicht.
Die Schulmaterialien, Lehrpläne und Lehrbücher sowie Diagnostikmaterial wurden, wie überall in der DDR, zentral vorgegeben und geliefert. Dies hatten den Vorteil, dass allen Schulen qualitativ hochwertiges Material in ausreichender Menge zur Verfügung stand.
Auch sonst waren die Bedingungen an der Schule gut: Es gab neben den Unterrichtsräumen 2 Turnräume, einen Fitnessraum, einen Skikeller und einen Fahrradkeller, einen Werkraum, einen Raum für Nadelarbeit, ein Fotolabor und eine Lehrküche. In 2 Lehrmittelräumen für die verschiedenen Fächer waren Bücher und Anschauungsmaterialien gut aufgehoben.
Die abgeschiedene Lage bot viel Raum zur Entfaltung. Auf Kontakt zu den Familien wird ebenfalls Wert gelegt. Es gab in Bad Reiboldsgrün neben den zur Diagnostik bzw. Medikation vorübergehend untergebrachten Patienten und einer nach wie vor großen Zahl an Dauerpatienten auch einen gewissen Anteil an Tages- und Wochenkindern. Diese wurden entweder jeden Nachmittag oder am Wochenende zu ihren Eltern zurückgebracht und dann zu Hause betreut.